
(v.l.) Sozialpfarrer Matthias Blomeier und Friseurmeister Uwe Kennemund kümmern sich um Bedürftige.
10. Juli 2023Die Würde zurückgeben
"Wir möchten den Menschen ihre Würde wiedergeben", erklärt Friseurmeister Uwe Kennemund. Der Hiddenhausener hat 2017 eine Regionalgruppe der Barber Angels, der frisierenden Engel, in Ostwestfalen-Lippe gegründet. Gemeinsam mit 25 weiteren Kolleginnen und Kollegen, die sich als Friseurinnen und Friseure oder im Orga-Team einsetzen, frisiert er seitdem diejenigen, die sich sonst keinen Friseurbesuch leisten können. Alle Beteiligten sind in Schwarz gekleidet und tragen eine Rockerkutte. Ziel ist es, die Hemmschwelle für den Friseurbesuch so gering wie möglich zu halten und den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Die Idee zum Konzept der Barber Angels hatte der Friseur Claus Niedermaier aus Biberach. Inzwischen gibt es die Regionalgruppen, die angelehnt an die Rockersprache Chapter genannt werden, nicht nur in Deutschland, sondern in insgesamt acht Ländern.
Menschen, die durch Schicksalsschläge auf der Straße leben, die vor häuslicher Gewalt fliehen mussten oder die nur eine geringe Rente erhalten, verfügen häufig nur über ein Minimum an Geld, das nur für das Nötigste reicht. In Suppenküchen, sozialen Einrichtungen wie dem Sozialpfarramt der evangelischen Kirche in Bielefeld und weiteren Kontaktstellen erhalten sie Unterstützung. "Dort verteilen wir auch Termine für Friseurbesuche", erklärt Uwe Kennemund, der sich in OWL ein Unterstützerteam auch außerhalb der Barber Angels aufgebaut hat. In Bielefeld arbeiten die Angels eng mit Sozialpfarrer Matthias Blomeier zusammen. Wenn alle paar Monate ein Friseurangebot der Barber Angels, immer an einem Sonntag, ansteht, stellt Blomeier die Räume im Haus der Kirche zur Verfügung. Dann werden diese von 11 bis 16 Uhr in einen großen Salon umfunktioniert. Großzügige Spenden einiger Friseurausstatter ermöglichen fachgerechtes Arbeiten und darüber hinaus das Verteilen von Geschenktüten mit Hygieneartikeln. "Kleider und das äußere Erscheinungsbild machen Leute", erklärt Sozialpfarrer Blomeier und erzählt von einer Dame, die im Alter von über 80 Jahren arbeitet, um die Rente aufzubessern.
"Mit dem neuen Pixischnitt wirkt sie fast jugendlich und wieder stolz", freut er sich.Mit Freude berichtet Kennemund von einem Herrn, der bei einem Einsatz zunächst eine modische Frisur und dann auch neue Kleidung aus der Kleiderkammer erhalten hat. Dieser habe anschließend einen Job gefunden. Oder von einer jungen Frau, die sich nach einem Umstyling traute, endlich wieder ihre Eltern anzurufen. "Wir nehmen unseren Kolleginnen und Kollegen keine Kundschaft weg", betont das aktive Innungsmitglied Kennemund. Für ihr Engagement für Obdachlose in der Stadt Herford wurden die Barber Angels in Anwesenheit von Obermeister Olaf Hölling geehrt. Die Mitglieder der Barber Angels spenden nicht nur ihre Zeit, sondern investieren auch eigenes Geld: Sie tragen Fahrt-und Übernachtungskosten selbst.