Jahresabschluss: Rück- und Ausblick der Handwerkskammer
„Hinter uns liegt ein Jahr mit vielen Hürden und Herausforderungen. Im Rückblick kann das ostwestfälisch-lippische Handwerk jedoch auf das Erreichte stolz sein. Viele Betriebe haben die pandemische Atempause im Sommer erfolgreich für sich genutzt. Auch jetzt in der vierten Welle zeigt die Wirtschaftsmacht von nebenan, dass man sich auf sie verlassen kann“, resümiert der Kammerpräsident Peter Eul ein Jahr, das erneut stark von der Corona-Pandemie geprägt war. Eul hofft auf eine weiterhin steigende Impfbereitschaft in der Gesellschaft. „Je mehr Menschen geimpft sind, desto reibungsloser dürfte auch das Handwerk in unserer Region weiterarbeiten können“, so Eul.
Die Geschäftslage im ostwestfälisch-lippischen Handwerk mit über 22.000 Handwerksbetrieben und 160.000 Beschäftigten hat sich im Spätsommer 2021 weiter verbessert. 63 Prozent der Handwerksbetriebe bewerten ihre aktuelle Geschäftslage als gut. Nur zehn Prozent erwarten eine Verschlechterung. Tragende Kraft der starken Handwerkskonjunktur bleiben die Bau- und Ausbaugewerbe. Aber auch bei den besonders von der Pandemie betroffenen Handwerken für den persönlichen Bedarf stabilisierte sich die Lage. Das Krisen-Ausbildungsjahr konnte das OWL-Handwerk in 2021 hinter sich lassen. Mit rund 3.900 abgeschlossenen Ausbildungsverträgen wurde in diesem Jahr wieder das Niveau von vor der Krise erreicht. Das entspricht einem Plus von 7,4 Prozent bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Somit sind knapp 11.000 Auszubildende im OWL-Handwerk beschäftigt. Beides zeigt, dass das Handwerk auch in herausfordernden Zeiten eine sichere berufliche Zukunftsperspektive für junge Menschen bietet.
Die Tendenzen für 2022 sind weiterhin eng mit der Corona-Pandemie verbunden. Dennoch schaut die Handwerkskammer OWL zu Bielefeld optimistisch auf das erste Quartal des bevorstehenden Jahres. Trotz der vorherrschenden Situation erscheint ein moderates Wachstum im OWL Handwerk in 2022 durchaus realistisch.
Allerdings machen sich durch die unterbrochenen Lieferketten weiterhin dynamische Preissteigerungen von Baumaterialen und Rohstoffen bemerkbar. „Viele unserer Betriebe berichten, dass ihre Hauptsorge nach wie vor den Materialengpässen gilt. Als Handwerkskammer nehmen wir diese Sorgen und Nöte sehr ernst und stehen unseren Mitgliedsbetrieben zur Seite, um ihren Interessen bestmöglich Gehör zu verschaffen. Themen wie Lieferengpässe, steigende Materialkosten und Energiepreise werden wir auch weiterhin in den Mittelpunkt unserer Bemühungen stellen und in unsere Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern einbringen“, so Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Ostwestfalen-Lippe.
Die Handwerkskammer rechnet damit, dass die durch die Materialknappheit ausgelösten Lieferengpässe in 2022 mit Preissprüngen und längeren Wartezeiten für die Kundschaft des regionalen Handwerks verbunden sein können. Von der neuen Bundesregierung fordert die Kammer daher ein entschlossenes Regierungshandeln, um die Pandemiedynamik abzubremsen und Corona möglichst bald in den Griff zu bekommen.
Die Handwerkskammer begrüßt weiterhin die bildungspolitisch wichtigen Ansätze der neuen Bundesregierung. Diese gehen weitgehend mit den handwerklichen Forderungen konform. In ihrem Koalitionsvertrag bekennt sich die Ampelkoalition zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Ausbildung. Zudem sollen die handwerkliche Ausbildung, einschließlich der Begabtenförderung, gestärkt und die Berufsorientierung flächendeckend ausgebaut werden.
Die Regierungsparteien haben erkannt, dass es für ihre ambitionierten Klimaziele und die Modernisierung des Landes beruflich qualifizierte Fachkräfte braucht, die all die Pläne auch handwerklich umsetzen. Denn nur mit gut ausgebildeten, qualifizierten Fachkräften lassen sich Nachhaltigkeit, Energiewende, Klimaschutz und Digitalisierung vorantreiben.
Zugleich kritisiert die Kammer, dass es augenscheinlich keine Maßnahmen gebe, die ein deutliches Ansteigen der Sozialkassenbeiträge im nächsten Jahrzehnt verhindern. Hierzu wird eine faire Politik erwartet, die das Handwerk als besonders personalintensiven Wirtschaftszweig nicht stärker belastet. Um die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig zu stärken, spricht sich die Handwerkskammer für mehr Flexibilität und mehr Innovationen in allen Bereichen aus. Bürokratische Hürden müssen verringert werden.
Das Weniger an Bürokratie für Unternehmen und Betriebe muss einhergehen mit einer beschleunigten Modernisierung von Prozessen und Strukturen in Wirtschaft und Verwaltung.