(v. l.) Dachdeckermeister Stefan Raabe, Betriebsberaterin Birgit Heldermann, Marius Louvet.
HWK OWL
(v. l.) Dachdeckermeister Stefan Raabe, Betriebsberaterin Birgit Heldermann, Marius Louvet.

03. Februar 2023 Nachhaltig bauen

Dachdeckermeister Stefan Raabe lebt Nachhaltigkeit. Sein Unternehmen, die Raabe Dachdeckermeister GmbH & Co. KG in Lemgo, hat er als Ökoprofit-Unternehmen zertifizieren lassen. Unterstützung fand er dabei beim Kreis Lippe und bei Birgit Heldermann, Betriebsberaterin der Handwerkskammer OWL. Damit zählt er zu den Vorreitern in der Region. Der angestellte Dachdeckermeister Marius Louvet begleitete den Prozess der Zertifizierung. 

Einige Umstellungen waren verblüffend einfach. Gleich zu Beginn erhielten alle 21 Mitarbeitenden eine Tasse für den Kaffee in der Firma und einen verschließbaren Thermobecher für unterwegs. Statt Coffee to go aus Pappbechern zu ordern, genießt das Team jetzt nachhaltig. Im Büro setzen die beiden Dachdeckermeister auf Papiervermeidung. Ziel ist das (fast) papierlose Büro, bis dahin wird Altpapier weiterverwertet. Die Digitalisierung der üblichen Verwaltungsprozesse ist vollzogen, die Digitalisierung einiger Arbeitsprozesse gibt dem Unternehmen einen technischen Schub nach vorne.

Neue Programme, die teilweise mit Mitteln der Initiative "Mittelstand Innovativ & Digital" (MID) des Landes Nordrhein-Westfalen erworben wurden, vereinfachen beispielsweise das Aufmaß von Dachflächen: Von Drohnen erzeugte Bilder können am Computer digital ausgewertet werden. "Unser Ziel ist, dass komplette Bestelllisten digital erzeugt werden können«, erklärt Louvet. »Insgesamt gelingt es auf diesem Weg, Arbeitsprozesse zu straffen und Material zu sparen", ergänzt Raabe. Er könne darüber hinaus in kürzerer Zeit mehr Angebote erstellen und auch zeitsparend auf Ausschreibungen reagieren. Das vorausschauende Beladen der Fahrzeuge, um Sonderfahrten zu vermeiden und Sprit zu sparen, ist ebenfalls Bestandteil des ökologisch ausgerichteten Handelns. Zwei E-Fahrzeuge sorgen für umweltfreundliches Fahren, Altfahrzeuge werden repariert und nicht sofort ausgetauscht. Im gesamten Gebäude werden LED-Leuchtmittel eingesetzt. »Uns ist es gelungen, durch das Maßnahmenpaket die Betriebskosten zu senken«, betont Louvet. Großer und wichtiger Punkt auf dem Weg zur Zertifizierung ist der bewusste Umgang mit Werkstoffen. Altes Material wird möglichst erhalten, aufbereitet und wiederverwertet. Bei älteren Gebäuden kann die vorhandene Dämmung ergänzt werden, statt sie komplett zu ersetzen. »Dafür gibt es inzwischen geeignete Befestigungssysteme«, so Raabe. Bei komplett neuen Dämmungen setzt sein Team möglichst ökologische Dämmstoffe ein, die wiederverwertet werden können. Wird Altmaterial abgebaut, wird der Restmüll sorgfältig getrennt.

"Als Handwerksmeister beraten wir inzwischen die Architekten sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen in Fragen des nachhaltigen Bauens", betont Raabe, der der Dachdecker-Innung Lippe als Obermeister vorsteht und sich in der Vollversammlung der Handwerkskammer sowie im Rechnungsprüfungsausschuss engagiert. Gerne rät er zur Installation einer »vorgehängten hinterlüfteten Fassade«, einer Außenwandkonstruktion, die mit etwas Abstand zur tragenden Wandebene angebracht wird. Durch den Abstand kann die Luft zirkulieren und die Gefahr der Schimmelbildung im Gebäude wird massiv reduziert. Immer häufiger nachgefragt werden begrünte Dächer, in vielen Neubaugebieten sind sie schon vorgeschrieben. Etwas aufwändiger in der Anbringung sind begrünte Fassaden. Sie sind nicht nur sinnvoll, sondern verschaffen dem Auftraggebenden, häufig ein Unternehmen, einen ökologischen Außenauftritt. Das Anbringen von Photovoltaikanlagen gehört zum Standardprogramm, teilweise ersetzen die Panels schon die üblichen Dachziegel ganz.        

"Dachdeckerinnen und Dachdecker sind die Fachleute für Klimaschutz und Nachhaltigkeit", erklärt Firmenchef Stefan Raabe, "wir sind vom Keller bis zum Dach für gut gedämmte, umweltfreundliche Gebäude zuständig." Das hat sich auch bei den jungen Leuten rumgesprochen. Im Kreis Lippe haben zum 30. September 41 Nachwuchskräfte ihre Ausbildung zum Dachdecker begonnen. Die Dachdeckerei Raabe wirbt aktiv auf Ausbildungsmessen und bildet derzeit drei junge Männer aus.  Stolz ist Raabe, dass auch sein Sohn Sören den Beruf des Dachdeckers in einem befreundeten Betrieb erlernt. "Die Chancen stehen gut, dass er unsere über 155-jährige Firmengeschichte weiterführt", wünscht sich Raabe.