
(v.l.) Die Augenoptikermeister Inge und Dieter Großewinkelmann und Peter Eul, Präsident der Handwerkskammer, im Gespräch mit der gebotenen Distanz
Optiker sind systemrelevant
17.04.2020
„Es ist ein bisschen wie vor 30 Jahren, als wir den Betrieb eröffnet haben“, erklärt Augenoptikermeisterin Inge Großewinkelmann. „Nur wenige Kunden betreten aktuell das Geschäft“, fügt ihr Ehemann Dieter Großewinkelmann an und nimmt die Situation mit einem gewissen Humor. Die Kunden, die kommen, haben alle ein akutes Problem: Die Brille ist entzweigegangen, ein Glas ist herausgefallen.
„Wir Optiker sind systemrelevant. Wenn einer kurzsichtigen Ärztin die Sehhilfe zerbricht, kann sie nicht arbeiten“, betont der Augenoptikermeister. Gemeinsam führt das Ehepaar einen Optikerfachbetrieb in Gütersloh-Avenwedde. Anfang März hatten die Kunden den Laden regelrecht überrannt, mit Beginn der Corona-Krise kam der abrupte Stopp. Kammerpräsident Peter Eul führt bei den beiden einen der in diesen Tagen nur sehr selten möglichen Firmenbesuche durch, um vor Ort die Stimmung im Handwerk zu erfragen und Mut zu machen. Momentan hat das Optikerstudio drei Stunden am Tag geöffnet und das Ehepaar bietet einen Notdienst an. Der Verkauf von Modebrillen ist derzeit untersagt. Messungen werden aktuell nur im Ausnahmefall durchgeführt.
Inge und Dieter Großewinkelmann haben sich direkt nach dem Lockdown durch die Verordnung des Landes NRW zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Corona-Virus mit ihren drei Mitarbeitern und der Auszubildenden zusammengesetzt und nach einer vorläufigen Lösung gesucht. Die Mitarbeiter sind inzwischen in Kurzarbeit, die Auszubildende, die eigentlich im Blockunterricht wäre, bekommt Aufgaben von der Berufsschule. Natürlich hat sie die Möglichkeit, jederzeit im Betrieb anzurufen und Fachfragen zu stellen, auch die Werkstatt steht ihr zu Übungszwecken offen. Dieter Großewinkelmann ist gut vernetzt. Er steht der Augenoptiker-Innung Westfalen als stellvertretender Obermeister vor, beim Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen hat er die Position des Vizepräsidenten inne. „Ich fühle mich gut informiert“, erklärt der Augenoptikermeister. Der Verband liefere nicht nur fachspezifische Infos, auch Informationen zu Hilfen, Kurzarbeit und neueren Entwicklungen würden bereitgestellt. Die Internetseite der Handwerkskammer und die Verbandszeitung, das Deutsche Handwerksblatt, seien ebenfalls äußerst hilfreich.
„In der Krise merken die Mitgliedsbetriebe, wie wichtig die Handwerkskammer und die Verbände sind“, fügt Peter Eul an. Die intensive Lobbyarbeit der Handwerksorganisationen habe dazu geführt, dass die Soforthilfe und weitere Instrumente der Unterstützung handwerksgerecht seien. In Ostwestfalen-Lippe gebe es einen guten und direkten Draht zwischen Kammerspitze und Bezirksregierung.
„Spannend ist die Frage: Wie geht es weiter?“, erklärt Dieter Großewinkelmann. Für seine Mitarbeiter hat er Masken aus Plexiglas bestellt, Hygienemaßnahmen wie ständiges Händewaschen, der Einsatz von Einweghandschuhen, die sofort nach Gebrauch entsorgt werden, und das Desinfizieren von Oberflächen haben sich inzwischen schon eingespielt. „Wie organisieren wir die Arbeitszeit und wie gestalten wir die Teams?“ Auch das sind Herausforderungen für die Zeit nach dem Lockdown.
Kammerpräsident Eul bestärkt die Großewinkelmanns in ihrer Strategie, sich auf die Zeit nach dem Lockdown vorzubereiten. „Damit beweisen Sie, dass die Handwerker in OWL nach vorne blicken und dabei der Gesundheit von Mitarbeitern und Kunden zurecht die größte Priorität einräumen“, betont Eul.